Internationales, interdisziplinäres Projekt in Kenia 2023

Reisetagebuch

Das internationale, interdisziplinäre Projekt der Bachelorstudenten aus den Studiengängen Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen, welches mit einer Summerschool im September 2022 begann, endete nun mit einer Reise nach Kenia. Vom 25.02. bis 05.03.2023 flogen insgesamt zehn Studierende aus allen Fachbereichen der THB zusammen mit Prof. Dr.-Ing. Peter Flassig, Prof. Dr. Thomas Schrader und zwei weiteren Mitarbeiter*innen der THB nach Kakamega in Kenia. Bereits seit einem Semester haben die Studierenden der THB mit den kenianischen Studentinnen und Studenten der Masinde Muliro University of Science and Technology (MMUST) an insgesamt drei verschiedenen Projekten gearbeitet. Die internationalen Teams erarbeiteten Lösungen für lokale Probleme in Kakamega im Bereich Medizin und Energie.

Das folgende Reisetagebuch soll einen kleinen Einblick in unsere Erlebnisse geben.

 

Anreise – Samstag/Sonntag, 25./26.02.2023

Die Reise begann schon früh am Morgen am Hauptbahnhof in Brandenburg, wo sich bereits ein Teil der Reisegruppe zum gemeinsamen Start traf. Wie es das Wetter so wollte, wurden wir dabei noch mit Schnee und eisigem Wind überrascht, was uns jedoch nicht die Vorfreude auf 33°C und puren Sonnenschein nahm. Pünktlich am Flughafen angekommen, fand sich auch der Rest der 14-köpfigen Gruppe schnell zusammen. Check-in und Security Check erfolgten problemlos, obwohl es da im Vorhinein einige Zweifel gab. Der Telemedizinkoffer, eines der studentischen Projekte, sah aufgrund seiner vielen Kabel, Akkus und Sensoren schon etwas verdächtig aus, passierte die Sicherheitskontrolle aber ohne Komplikationen. Pünktlich ging es mit dem Flieger zu unserem ersten Zwischenziel nach Amsterdam, wo sich alle nochmal für den bevorstehenden, achtstündigen Flug nach Nairobi stärkten. Dort stand auch schon unser Flieger, eine Boeing 787-Dreamliner, bereit.

Der Nachtflug verlief zwar ruhig, aber dennoch wenig erholsam und eher schlaflos. Nach der erfolgreichen Einreisekontrolle in Nairobi hatten wir dort noch einen kurzen Aufenthalt und konnten das erste Mal die Sonne in Kenia aufgehen sehen. Aber angekommen sind wir noch nicht - uns stand noch ein weiterer Flug bevor. Kaum abgehoben, sind wir nach kurzer Zeit schon in Kisumu gelandet, wo zum Glück auch unser Reisegepäck vollständig und unbeschadet ankam. In Kisumu wurden wir von Dr. Jasper M. Ondulo, Prof. Gladys Jepkorir Mengich und Prof. Chesambu Alice Ndiema empfangen, die bereits mit einem Bus der Universität auf uns warteten.

Anders als erwartet, ging es aber noch nicht ins Hotel nach Kakamega. Jasper lud uns zu sich und seiner Familie nach Hause ein, um dort zu frühstücken und Mittag zu essen. So begann auch schon das erste Abenteuer. Die Hitze, der verrückte Verkehr auf den Straßen Kenias und der wackelige Bus waren aber nicht abenteuerlich genug. Nach 1,5 Stunden Fahrt auf einer asphaltierten Straße ging es plötzlich Off-Road einen steilen Bergpfad hinauf. Tiefe Schlaglöcher und Felsen auf der schmalen Fahrbahn nahe dem Abhang verlangten von uns nochmal alles nach der 24-stündigen Anreise ab. Jasper wohnt auf einem Berg mit Blick in das weite Tal von Kisumu und auf den Victoriasee. Fern am Horizont waren die Bergspitzen zu erkennen, wo sich auch Kakamega befindet. Zu essen gab es reichlich – Huhn, Fisch, Bananen, Reis, Ugali (eine typische Beilage in Kenia, bestehend aus Maismehl und Wasser), Salate und Nachtisch. Gut gestärkt ging es wieder abwärts, auf den dreistündigen Weg nach Kakamega ins Hotel. Ein plötzlicher Sturzregen, Hagel und ein Tropengewitter überraschte uns aus dem Nichts – unvorstellbar, wie schnell das Wetter wechselt. Wohlbehalten, aber vollkommen übermüdet, erreichten wir nach über 36 Stunden Reise am Abend das Hotel.

 

 

Tag 1 – Montag, 27.02.2023

Nach der ersten Nacht und einem ausgedehnten Frühstück bei frischem Obst, wurden wir um kurz vor 10 Uhr abgeholt. In der MCU (Main Catering Unit) warteten bereits zahlreiche Studierende und mehrere Dozenten. Nach der langen Vorstellungsrunde, setzten sich die Studierenden in ihren Teams zusammen und lernten sich näher kennen. Dann war auch schon Mittagszeit erreicht. Wir liefen über den Campus in die Kantine, wo auch schon ein Buffet für uns aufgebaut wurde. Gestärkt ging es wieder zurück in die MCU, wo sich nun alle Studierenden in ihren Projektgruppen zusammenfanden.

Die Projekte beschäftigten sich allesamt mit lokalen Problemen und Herausforderungen. So bestand die Aufgabe einer Gruppe in der Entwicklung eines portablen Telemedizinkoffers, welcher Sensoren zur Messung von Temperatur, Sauerstoffsättigung und ein EKG enthält. Die aufgenommenen Daten können per App auf einem mobilen Endgerät eingesehen und überall von Pflegekräften oder Ärzt*innen abgerufen werden. Ein weiteres Team erarbeitete ein Konzept und baute einen Prototyp für eine mobile Energiequelle mit Speicher. Die mit einem kleinen Photovoltaik-Modul ausgestatte Box ermöglicht den Betrieb elektrischer Geräte durch Nutzung der Sonnenenergie. Die Aufgabe des dritten Teams bestand darin, in einer Biogasanlage Sensoren zur Überwachung von Druck, Temperatur und pH-Wert einzubringen. Die aufgenommenen Messdaten können anschließend an eine App übermittelt werden. Zusätzlich wurde ein Einsatz für die Anlage konzipiert, welcher bei der Biogaserzeugung für eine gleichmäßige Durchmischung des Ausgangsmaterials sorgen soll.

Um 16 Uhr war Feierabend. Auf dem Weg nach Hause gingen einige noch in den Supermarkt, um etwas Wasser und Snacks für die kommenden Tage zu kaufen. Danach ging es schnell auf die Zimmer, denn um 18 Uhr war bereits das Abendbrot in einem nahegelegenen Golfclub reserviert. Da uns auch einige Studierende und Dozenten der MMUST begleiteten, gab es viel zu erzählen. Ein spannender, sonniger und unterhaltsamer, erster Tag in Kenia neigte sich dem Ende.

 

 

Tag 2 – Dienstag, 28.02.2023

Kurz nach 9 Uhr sind wir auf dem Campus in der MCU angekommen. Nach einer kurzen Vorbereitung startete Prof. Dr.-Ing. Peter Flassig mit seinem Workshop zum Thema Modellbildung, Versuchsplanung und Designoptimierung am Beispiel eines Papierfliegers. Ziel war es, die Flugweite des Papierfliegers zu maximieren, indem die zuvor besprochenen Parameter, wie Flügelspannweite, Schwerpunkt oder Höhe der Winglets systematisch verändert werden. Um für einen gleichmäßigen, wiederholbaren Abschuss zu sorgen, wurden die Papierflieger von einer noch in Deutschland gebastelten Abschussrampe gestartet. Es wurde viel gefaltet, gestartet und diskutiert, bis wir plötzlich die Information erhielten, dass uns gerne der Deputy Vice-Chancellor, Planning, Research and Innovation Prof. Dr. Charles Mutai kennenlernen möchte. Im fünften Stock des Verwaltungsgebäudes wurden wir von ihm in einem Konferenzraum empfangen. Nach seiner Ansprache, einer Vorstellungsrunde und einem Eintrag ins Gästebuch ging es wieder zurück in die MCU. Da die Zeit schon vorangeschritten war, wurde der Workshop schnell abschlossen und es ging in den Feierabend. Gegessen wurde heute Abend im Hotel.

 

 

Tag 3 – Mittwoch, 01.03.2023

Da am nächsten Tag das große Abschlusskolloquium der Studierenden bevorstand, war für den ganzen Tag Gruppenarbeit geplant. Ziel war es, alle Projekte abzuschließen und die Präsentationen vorzubereiten. Da die Studierenden so vertieft in ihren Projekten waren, wurden die Mitarbeiter*innen der THB von Dr. Emmanuel A. E. Osore, einem Dozenten an der MMUST, eingeladen, die Stadt kennenzulernen. Es ging über die vollen Straßen und Marktplätze Kakamegas, in einen Stoffladen, der auch in den kommenden Tagen noch einmal interessant werden wird. Emmanuel hielt aber eine Überraschung bereit und lud uns zu sich nach Hause ein, wo wir reichlich bekocht wurden. Seine Kinder freuten sich sehr über die kleinen Geschenke der THB. Sattgegessen, sind wir in die eigentliche Dinnerlocation in ein Hotel gefahren, welches sich in der Nähe der MMUST befand. Dort verbrachten wir wieder gemeinsam mit den kenianischen Studierenden und Dozent*innen den Abend.

 

 

Tag 4 – Donnerstag, 02.03.2023

Heute war ein Höhepunkt der Reise, denn das finale Kolloquium stand bevor. Ein ganzes Semester Arbeit wird nun innerhalb einer 20-minütigen Vorstellung präsentiert. Dazu waren auch drei Studierende aus Deutschland, die nicht mitreisten, online dazugeschaltet. Die Studierenden haben sehr gute Ergebnisse geliefert und sowohl die deutschen als auch die kenianischen Dozent*innen waren begeistert. Zum Abschluss erwartete uns noch hoher Besuch – der Vice-Chancellor Prof. Solomon Igosangwa Shibairo, mit dem noch ein gemeinsames Gruppenfoto aufgenommen wurde. Der Tag für Prof. Dr. Thomas Schrader war aber noch nicht zu Ende. Er bot für alle Interessierten eine Vorlesung vom Thema Physiotherapie an, welche trotz des heißen Nachmittags gut besucht wurde. Wie schon gesagt, wurde auch noch einmal der Stoffladen interessant, denn auch die Studierenden waren von den Mustern und bunten Farben der kenianischen Hemden begeistert. Auch sie besuchten den Laden und kleideten sich neu ein. Ein gemeinsames Abendessen in einem Hotelrestaurant rundete den Tag ab.

 

 

Tag 5 – Freitag, 03.03.2023

Etwas, was man in Kakamega unbedingt besuchen sollte, ist der Kakamega Forest – ein Naturschutzreservoire mit Regenwald. Begleitet wurden wir und die kenianischen Studierenden von zwei Guides, welche uns schnell von den befestigten Wegen hinein ins dichte Gebüsch führten. Auf den engen und verschlungenen Pfaden konnte man die Stille und Schönheit der Natur genießen. Ein paar Affen konnten wir auch beobachten. Anstrengend wurde es nochmal, als wir bei der drückenden Hitze einen steilen Hang hinaufkletterten. Belohnt wurden wir allerdings mit dem Ausblick auf den Regenwald. Leider kam die Verschnaufpause viel zu kurz, denn das Grollen eines Gewitters kam immer näher und die ersten großen Tropfen fielen vom Himmel. Kaum wieder den Weg hinuntergelaufen, brach ein Tropengewitter auf uns ein. Der Regenwald machte seinem Namen alle Ehre, denn es regnete in Strömen. Vier Kilometer lagen noch bis zum Ziel vor uns. Vollkommen durchnässt angekommen, hörte der Regen plötzlich auf. Aber nun hieß es Abschied nehmen. Abschied von den kenianischen Studierenden, die uns nun die ganze Woche begleiteten. Mit dem Versprechen, sich wiederzusehen, stiegen wir in den Bus und fuhren ins Hotel, wo eine warme Dusche auf uns wartete. Ein letztes gemeinsames Abendessen im Hotel bildete den Abschluss des spannenden Tages. Zudem hieß es Kofferpacken, denn morgen ist der letzte Tag.

 

 

Rückreise – Samstag/Sonntag, 04./05.03.2023

Die letzten Sachen in den Koffern verstaut, ging es pünktlich um 9 Uhr mit dem Bus nach Kisumu. Da unser Flieger jedoch erst am Abend startete, wollten wir in den letzten Stunden in Kenia noch ein paar Tiere sehen. Einen kurzen Stopp legten wir dafür am Victoriasee ein. Dort leben unter anderem auch Nilpferde, die sich uns leider nicht zeigten. Weiter ging es in das nahegelegene „Kisumu Impala Sanctuary“, einem Park, mit Affen, Impalas, Zebras, Giraffen, Löwen, Hyänen und vielen weiteren einheimischen Tieren. Besonders die Affen sorgten für das ein oder andere Erlebnis, denn Gladys schenkte uns vor unserer Abfahrt noch ein paar frische Bananen für die lange Reise. Diese fanden die Affen allerdings auch sehr interessant und bevor man es bemerkte, hielten die Affen die Bananen in den Pfoten.

Bei schönem Wetter entspannten wir noch einmal und genossen die letzten Sonnenstrahlen, bevor es zum Flughafen und wieder zurück nach Deutschland geht. Pünktlich am Flughafen angekommen, erfolgte der Check-In und der Security Check ohne Probleme. Von Kisumu ging es wieder nach Nairobi, von Nairobi mit leichter Verspätung um 0:30 Uhr nach Paris. Wie nicht anders zu erwarten, waren wir von der gesamten Reise so erschöpft, dass das Schlafen im Flieger dieses Mal keine Probleme machte. Mehr oder weniger erholt, frühstückten wir in Paris und stiegen um 10:00 Uhr in den Flieger nach Berlin. Gegen 12 Uhr angekommen, nahmen wir unser Gepäck entgegen und verabschiedeten uns von Teilen der Reisegruppe. Ein paar wenige fuhren wieder gemeinsam mit dem Zug zurück und die Reise endete dort, wo sie auch begonnen hat, am Hauptbahnhof in Brandenburg.